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2020resi

Frederike: Über Code-Monkeys und das leichtsinnige Öffnen von Zeitlinien in der Vergangenheit

Meine Interviewpartnerin dieses Blogeintrags ist Frederike, für Freund:innen und Kolleg:innen Frede. Frederike ist 25 Jahre alt und arbeitet als Softwareentwicklerin (Software Engineer) beim DigitalService - der zentralen Digitalisierungseinheit der Bundesregierung (https://digitalservice.bund.de). Was ich während des Gesprächs schnell feststellen darf: Ich habe bisher noch keine Person getroffen, die die gendergerechte Sprache so charmant und leicht beim Reden anwendet wie Frederike. Selbst erfahrene Nachrichtensprecher:innen stolpern doch ab und an bei geschlechtergerechten Formulierungen, oder? Frederike bekommt das mit Leichtigkeit hin. Chapeau!

Aber unabhängig davon: Kommen wir nun zum eigentlichen wichtigen Thema hier, zu Frederike und ihrem Job in der IT selbst. Spoiler-Alarm: Es war ein großartiges, spannendes und sehr kurzweiliges Gespräch mit ihr.



ambitious.rocks: Hi Frederike, vielen Dank für Deine Zeit und gleich zur ersten Frage: Wie kam es dazu, dass Du Dich für eine IT-Ausbildung entschieden hast, und wie sah diese konkret aus?


Frederike: Irgendwann in meiner Abizeit musste ich mich mit der Frage auseinandersetzen, was ich beruflich machen möchte, wohin ich eigentlich genau wollte, was meine Themen waren. Ich hatte - wie viele meiner Mitschüler:innen - keinen Plan. Mir fehlte das Ziel. Also bin ich nach meinen Lieblingsfächern gegangen: Mathe und Informatik. Mit einem Mathestudium hätte ich nichts anzufangen gewusst, somit blieb die Informatik. Ich entschied mich für ein Studium am Hasso-Plattner-Institut, kurz HPI (https://hpi.de), was im Nachhinein die beste Entscheidung für mich war, obgleich das erste Semester sich für mich schwieriger als erwartet gestaltete. Ich musste mich ganz schön durchkämpfen, auch weil bei einem Kurs, der eigentlich für Anfänger:innen gedacht war, vom Dozent von Vorwissen ausgegangen wurde, über das ich gar nicht verfügte. Er hat allerdings - u.a. auch nach unserer direkten Rückmeldung zu seinem Kurs - die Inhalte umgestellt und nun auch die Anfänger:innen im Blick. Tatsächlich war es für ihn der erste Kurs dieser Art. Ohne einen sehr guten Freund und Kommilitonen, der mich in dieser Zeit unterstützt hat, hätte ich jedenfalls nicht durchgehalten. Aber gut, dass ich diesen Support hatte und nicht aufgegeben habe, denn nach dem ersten halben Jahr wurde es für mich einfacher und mir war klar, dass ich genau das Richtige angefangen hatte.

Ich fand während des weiteren Studiums schnell heraus, in welche Richtung es in der Informatik für mich gehen konnte. Das lag u.a. auch daran, weil die Studieninhalte sehr praxisorientiert und unsere vorgesehene Arbeitsweise sehr gruppenorientiert aufgestellt waren. Das war sehr hilfreich und hat echt Spaß gemacht.

Nach 6 Jahren hatte ich dann meinen Master of Science, IT-Systems Engineering.

Dann stand ich allerdings wieder vor der Entscheidung, wo es für mich als nächstes hingehen soll und war mir eigentlich sicher, ich werde keine Softwareentwicklerin. Doch dann wurde ich über Kontakte auf das Fellowship Tech4Germany (https://digitalservice.bund.de/fellowships/tech4germany ) aufmerksam, über das die Digitalisierung der Verwaltung in Deutschland nachhaltig mitgestaltet wird. Ich habe 3 Monate als Fellow an einem Projekt gearbeitet und bin dann als Softwareentwicklerin in den im September 2020 vom Bund gegründeten DigitalService eingestiegen.


ambitious.rocks: Was machst Du in Deinem Job genau?


Frederike: Als Software Engineer arbeite ich beim DigitalService in einem interdisziplinär aufgestellten Team von momentan 7 Leuten: Wir sind Softwareentwickler:innen, Produktmanager:innen und Designer:innen. Und gemeinsam entwickeln wir aktuell eine neue Plattform für die Eingabe der Daten zur Berechnung der privaten Grundsteuer. Diese Plattform wird einfacher zu bedienen sein, als die IT-Lösung, die über Elster dazu bereitgestellt werden wird. Sie wird jedoch mit Elster verknüpft bleiben. Benutzeroberfläche und Funktionalitäten werden aber eben komplett neu entwickelt. Wir berichten über dieses Projekt auf unserem Blog: https://digitalservice.bund.de/blog/https-digitalservice-bund-de-blog-neues-projekt-grundsteuer-privateigentum . Davor habe ich an dem Projekt “Der Steuerlotse für Rentner:innen und Pensionär:innen” gearbeitet. Auch hierzu gibt es mehr Informationen auf unserer Webseite unter https://digitalservice.bund.de/blog/steuerlotse.

ambitious.rocks: Wir werden regelmäßig nach dem Arbeitsalltag in einem IT-Job gefragt. Bei vielen Jobs scheint es einfacher, diese darzustellen, als z.B. bei den verschiedenen IT-Berufen, die es so gibt. Wie würdest Du Deinen Arbeitsalltag beschreiben?

Frederike: Jeder Tag ist irgendwie anders. Es gibt Tage, die sehr Meeting-lastig sind, an denen wir gemeinsam planen und unsere Aufgaben besprechen. An anderen Tagen bin ich mehr mit der Entwicklung beschäftigt.

Aber ein typischer Tag kann so aussehen, dass ich mich erstmal mit den Designer:innen austausche, die die Oberfläche einer Software planen, also genaue Vorstellungen davon haben, an welcher Stelle Datenfelder sein und wie Bedienelemente aussehen sollen. Ich sehe das alles dann aus der Sicht der Entwicklerin und sage was geht und was schwieriger umzusetzen ist, an welcher Stelle das Design für eine reibungslose Umsetzung, also anders gestaltet werden könnte.


ambitious.rocks: Jetzt verändert sich der Bereich der IT so schnell. Immer wieder gibt es neue Technologien und damit auch neue Möglichkeiten, IT-Lösungen umzusetzen. Wie stellst Du sicher, alles mitzubekommen? Stichwort Fortbildungsmaßnahmen: Welche nimmst Du wahr? Wie gehst Du dieses Thema an?


Frederike: In allen neuen Technologien fit zu sein und sie in die Tiefe zu kennen, geht meiner Meinung nach eigentlich gar nicht. Dafür ist die Bandbreite zu groß und die Veränderungsgeschwindigkeit zu schnell. Ich weiß aber, dass sehr viele meiner Kolleg:innen beispielsweise Blogartikel und Bücher zu neuen Themen lesen. Ich verfolge hier eine etwas andere Strategie, wenn man das so nennen kann: Treffe ich während meiner Arbeit auf ein Problem, fange ich an, mich aktiv mit den oftmals verschiedenen Lösungsmöglichkeiten auseinanderzusetzen. Da google ich dann drauf los oder frage Kolleg:innen, die sich damit eventuell auskennen. Und so lerne ich wieder Neues hinzu - das ist meine Art von Fortbildung. Daher ist es mir auch wichtig, möglichst an verschiedenen Projekten mitzuwirken, um darüber neue, andere Technologien, Software-Stacks, also „Stapel“ von Softwarekomponenten, die ich benötige, um eine Plattform zu bauen und eine Anwendung, wie z.B. die Eingabe der Grundsteuerdaten, zum Laufen zu bringen, kennen zu lernen.


ambitious.rocks: Klingt für mich sehr gut und plausibel, auch dass man möglichst an verschiedenen Projekten aktiv mitwirken sollte. Was bringt es, wenn man sich in der Theorie verliert? Besser ist es, das theoretisch Erlernte gleich wieder in die Praxis umzusetzen. Ich werde das mal mitnehmen, das ist ein guter Hinweis auch gerade noch einmal für meinen aktuellen Job.

Ich glaube, die nächste Frage, ob Dein Job etwas für Quereinsteiger:innen ist, erübrigt sich, oder? Ohne technisches Wissen funktioniert Dein Job nicht?


Frederike: Stimmt, gewisse Informationen zur Technik und Erfahrungen sind für meinen Job erforderlich, dennoch würde ich einen Quereinstieg auf keinen Fall ausschließen. Es gibt heute so viele Möglichkeiten, sich Wissen im Bereich der IT anzueignen. So muss es nicht unbedingt eine klassische IT-Ausbildung oder ein Studium sein. Es gibt Bootcamps, diverse Online-Kurse, die ich auch mit einem Zertifikat abschließen kann. Und solch ein Zertifikat kann dann ja wieder interessant sein und genutzt werden, um sich bei einem Unternehmen zu bewerben. Das HPI stellt übrigens auch für Externe unter “openHPI” Content mit praktischen Übungen und entsprechenden Abschlüssen bereit.


ambitious.rocks: Ja, Dankeschön auch für diesen Tipp, ich habe schon einmal das Angebot kurz überflogen und muss sagen, allein wie es aufbereitet ist unter https://open.hpi.de - sehr einladend. Werde ich auch einmal selbst weiterstöbern.


Frederike: Wichtig ist für meinen Job speziell Programmier-, Projekt-, und Teamerfahrung zu sammeln. Es spielt hier wirklich keine Rolle, wann, wie und wo das passiert.


ambitious.rocks: Das Thema Life-Balance ist für viele Leute wichtig. Wie sieht es hier bei Deinem Job aus?


Frederike: Grundsätzlich bin ich in einem Job tätig, der flexibler nicht sein könnte. Ich könnte zu jeder Tages- und Nachtzeit arbeiten. Aber natürlich müssen diese Zeiten auch mit dem Unternehmen zusammenpassen und kompatibel sein für mein Team. Gerade bei Teambesprechungen macht es Sinn, wenn alle in derselben Zeitzone sitzen.


ambitious.rocks: Hast Du einen Tipp speziell für Schüler:innen, die vor der Berufswahl stehen und über einen Job in der IT bzw. eine entsprechende Ausbildung, ein Studium nachdenken?


Frederike: Vielleicht vorab: Eine Ausbildung im IT-Bereich ist und bleibt unabhängig von der Art und Weise der Ausbildung etwas, was zukunftsträchtig ist.


ambitious.rocks: Das stimmt, die letzte Zahl, die ich gesehen habe, war 96.000 fehlende IT-Fachkräfte.


Frederike: Und ansonsten denke ich, dass es wichtig ist, mit Menschen ins Gespräch zu kommen, die bereits einen Job in der IT haben, um mehr darüber herauszufinden, ob diese berufliche Richtung für einen selbst passt. Und bloß nicht nach Stereotypen gehen. Vermutlich wäre es gut, nach Angeboten zu schauen, über die man Einblicke in diese Berufe erhält. Das kann u.a. auch darüber erfolgen, dass man sich mit Mentorinnen zusammentut. Ein Beispiel ist hier CoffeeCodeBreak. Caro, die Gründerin dieser Plattform https://coffeecodebreak.de , ist eine Arbeitskollegin von mir.


ambitious.rocks: Ach, spannend, eine meiner Interviewpartnerinnen aus 2021, ist dort als Mentorin mit dabei (https://www.ambitious.rocks/post/katharina-ein-weiteres-it-girl-der-it ). Wie würdest Du das Interesse bei den jungen Frauen wecken, überhaupt mit dem Gedanken zu spielen, in die IT zu gehen?


Frederike: Die Jobs und Möglichkeiten in diesem Bereich müssen sichtbarer werden. Und das sollte bestenfalls schon in der Schule anfangen.


ambitious.rocks: Wie sah denn Dein IT-Unterricht in der Schule aus? War die Ausstattung in Bezug auf Hard- und Software ausreichend?


Frederike: An der Ausstattung lag es sicher ich nicht, aber wenn man sich 3 Jahre ausschließlich mit der Frage „Wie verwende ich Word?“ beschäftigt, muss sich keiner mehr wundern, dass die meisten Schüler:innen in ihrer Schulzeit kein Interesse an Informatikberufen entwickeln. Da hat auch der etwas interessantere Unterricht in der Oberstufe nichts mehr gebracht. In dieser Zeit haben wir gelernt, wie man programmiert. Wir mussten z.B. einen Käfer durch ein Labyrinth steuern. Mir hat das Spaß gemacht, aber die meisten anderen hatte die Lehrerin zu der Zeit verloren. An dieser Stelle vielleicht einmal ein Appell an die Schulen, an die Informatiklehrer:innen: Macht mehr Gruppenarbeiten! Die Schüler:innen lernen viel mehr, unterstützen sich gegenseitig und haben Spaß. Außerdem lässt sich über einen anders gestalteten Unterricht auch aufzeigen, dass der Job von ITler:innen nicht langweilig ist und es sind auch nicht alle Kellerprogrammierer:innen oder Code-Monkeys.


ambitious.rocks: Ok, die Namen für IT-Nerds kannte ich noch nicht. Aber ich stimme Dir voll und ganz zu, denn auch aus eigener Erfahrung kann ich Dir sagen, dass ich fast ausschließlich in Teams unterwegs bin und eben nicht allein vor mich hinarbeite. Fällt Dir noch etwas ein, was Du zu IT-Jobs bzw. entsprechenden Ausbildungsmöglichkeiten, zum IT-Studium im Allgemeinen und Besonderen mitteilen möchtest?


Frederike: Wichtig ist wirklich, so viel wie möglich in Projekten zu arbeiten. Das ist auch das, was Unternehmen wollen, wenn man entsprechendes Wissen, Berufserfahrung mitbringt. Nur so lerne ich dann auch den IT-Bereich kennen, in dem ich gerne arbeiten möchte. Nach Abschluss meines Studiums sah ich mich ja genau vor dieser Entscheidung. Die praktische Arbeit bei Tech4Germany, machte mir klar, ich möchte an der Digitalisierung der Verwaltung in Deutschland mitarbeiten. So kam ich auch zum DigitalService und konnte dort auch gleich aufgrund meiner bisherigen Projekterfahrungen als vollwertige Entwicklerin starten und nicht als Junior-Engineer.

Und: In jedem Fall nicht gleich aufgeben, wenn es am Anfang eines Studiums, einer IT-Ausbildung, eines Jobs nicht so gut läuft. Wenn dann erst die praktische Arbeit losgeht, wird es oftmals eben besser.


ambitious.rocks: Dankeschön. Was magst Du uns ansonsten noch über Dich erzählen? Was machst Du in Deiner Freizeit?


Frederike: Ich bin passionierte Standard- und Lateintänzerin. Da war ich leider aufgrund der Pandemie sehr eingeschränkt, ich hoffe, es geht bald wieder weiter und ich kann dem wieder regelmäßig nachgehen. Außerdem liebe ich Quidditch.


ambitious.rocks: Welche aktuell lebende Person würdest du am liebsten treffen und warum?


Frederike: Mir ist meine Antwort schon fast unangenehm, weil ich jetzt kein Staatsoberhaupt und auch keine Nobelpreisträgerin nenne. Ich würde am liebsten die Schauspielerin Jennifer Lawrence treffen, weil ich glaube, dass sie sehr lustig und powerful ist und wir eine gute Zeit miteinander hätten.


ambitious.rocks: Welchen Rat würdest Du deinem jungen “Ich” geben?


Frederike: Hmm, vielleicht mit dem Motto „push through it“ durch das Leben zu gehen. Ich denke da vor allem an meine Zeit im ersten Semester. Vielleicht würde ich aber auch gar keinen Rat erteilen. Lieber die Vergangenheit, Vergangenheit sein lassen. Bloß keine anderen Zeitlinien aufmachen. Denn, es ist heute alles gut so wie es ist. Es hat sich alles super entwickelt. Ich bin sehr dankbar dafür.


ambitious.rocks: Dankeschön für das tolle Gespräch, es hat mir sehr viel Spaß und Freude bereitet und ich nehme einiges auch für mich persönlich wieder mit. Vielen, vielen Dank und Dir alles Gute weiterhin.

Wer noch mehr über und von Frederike erfahren möchte, schaut gerne hier vorbei:https://digitalservice.bund.de/blog/interview-mit-entwicklerin-frederike und bei LinkedIn unter Frederike Ramin (https://www.linkedin.com/in/frederike-ramin-586083134/).


S.

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