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2020resi

Margaret Hamilton - einmal zum Mond und zurück...




"Looking back, we were the luckiest people in the world. There was no choice but to be pioneers; no time to be beginners."

MARGARET HAMILTON


Im Juli 1969 saßen rund 600 Millionen Menschen vor ihren TV-Geräten und warteten gespannt darauf, dass zum ersten Mal ein Mensch den Mond betreten sollte. Die Raumfahrtmission der Apollo 11 schrieb Geschichte und ihre Crew-Mitglieder ernteten Ruhm für ihren Mut, doch ohne diese Frau wäre die Mondlandung erst gar nicht möglich gewesen. Die Informatikerin Margaret Hamilton war verantwortlich für die Software, die die Apollo 11 im Jahr 1969 auf den Mond und sicher zurückbrachte.


Jedes Mal, wenn ich mich frage, über wen wir das nächste Mal berichten könnten, finde ich eine weitere großartige Persönlichkeit. Ich bin immer wieder fasziniert über die Lebensläufe und es macht so einen Spaß, mehr über diese Personen zu erfahren. Ich recherchiere über eine Frau und stolpere schon über die nächste. So erging es mir bei dem letzten Beitrag über Hedy Lamarr, als ich plötzlich abschweifte und über Margaret Hamilton las. Die Frau, die 2016 von US-Präsident Barack Obama eine Medal of Freedom überreicht bekam. Eine der höchsten zivilen Auszeichnungen der USA!


Margaret H. Hamilton wurde 1963 in den USA geboren und erlangte 1958 ihren Bachelor in Mathematik am Earlham College. Dort lernte sie ihren späteren Mann kennen und brachte 1959 die gemeinsame Tochter Lauren zur Welt. Eigentlich wollte sie an die Brandeis University, um dort einen Abschluss zu erlangen, entschloss sich aber stattdessen eine vorübergehende Position am Massachusetts Institute of Technology (MIT) anzunehmen, wo sie eine Wettervorhersagesoftware für Professor Edward N. Lorenz auf den ersten Minicomputern entwickelte. Der Job sollte aber eigentlich nur dazu dienen, ihren Mann finanziell zu unterstützen, der zu dem Zeitpunkt noch eine Ausbildung an der ‘Harvard Law School’ machte. Aus der Absicht nach seinem Studium ein Masterstudium in Mathematik anzugehen, wurde jedoch nichts: Sie blieb am MIT.

Von 1961-63 arbeitete Margaret hier an dem massiven US-Luftverteidigungssystem SAGE in den Lincoln Laboratories, des MIT. Das war die Zeit, zu der sie sich erstmals für die Zuverlässigkeit von Software zu interessieren begann.


Sie wechselte dann zum Instrumentation Laboratory des MIT, das zuständig für die Luftfahrttechnologie der NASA war. Als Direktorin der Software Engineering Division war sie verantwortlich für die Flugsoftware von Apollo (und Skylab). Während der Apollo-Weltraummissionen leitete sie das Team, das die Bordsoftware für die Apollo-Befehlsmodule und Mondmodule entwickelte.


Software galt damals als eine Blackbox, als etwas Geheimnisvolles, das fast magisch im Bordcomputer auftauchte, daher wurden Margaret und ihren Mitarbeiter:innen volle Freiheit und totales Vertrauen von den Managern der NASA entgegengebracht. Margaret wollte aber darüber hinaus “ihrer” Software - wie es andere Ingenieurdisziplinen bereits hatten - mehr „Legitimität“ verleihen, auch damit sie (und ihre Erbauer:innen) den gebührenden Respekt dafür erhielten. Sie erschuf den Begriff "Software-Engineering" (siehe auch https://de.wikipedia.org/wiki/Softwaretechnik ) um zu verdeutlichen, dass das Entwickeln von Software nicht weniger bedeutend war, als das Wirken der anerkannten NASA-Ingenieure.

Bei ihrer Arbeit setzte sie auf ein ausgewogenes Zusammenspiel von Hardware, Software und Mensch: Die Piloten der Apollo sollten jederzeit das automatische System unterbrechen und die Kontrolle übernehmen können. Dieses revolutionäre Konzept nennt man auch heute noch "(Hu)man-in-the-Loop".


Margaret nahm gelegentlich ihre kleine Tochter nachts und am Wochenende mit an den Arbeitsplatz. Eines Tages beschloss die Tochter, "Astronautin zu spielen", während Margaret an der Apollo-Software tüftelte. Da kam es zu einem elementaren Zwischenfall - die Programmiererin verlor Lauren kurz aus den Augen und diese betätigte eine Taste, die für den Start des Simulators zuständig war. Der Simulator befand sich bereits mitten im Flug - wie war es möglich, dass er sich währenddessen und nach erneuter Betätigung der Start-Taste wieder auf einen solchen vorbereitete? Das System stürzte komplett ab.

Margaret war schockiert über den so schnellen Absturz, machte sich umgehend auf die Fehlersuche und stellte fest, dass ohne Schutzvorrichtungen und Backup-Systeme bereits ein falscher Tastendruck ausreichen konnte, um eine gesamte Raumfahrtmission scheitern zu lassen und Menschenleben in Gefahr zu bringen.


Mit dieser Erkenntnis ging sie zu ihren Vorgesetzten und warnte vor dem Fehler. Diese winkten jedoch ab und erwiderten, dass kein ausgebildeter Astronaut je auch nur eine falsche Taste bedienen und damit einen solchen Fehler begehen würde.

Sie sollten alle eines Besseren belehrt werden, als einige Monate später bei dem Vorläufer "Apollo 8" genau dieser Fehler unterlief. Über mehrere Stunden hinweg mussten Margaret und ihre Mitarbeiter:innen nach einer Lösung suchen, um das Programm wiederherzustellen, nachdem ein Pilot eine falsche Taste betätigt hatte. Als sie dies schlussendlich erreichen konnten, wurde fortan eins immer bedacht: Menschliche Fehler würden immer einkalkuliert werden müssen.


"Uns wurde damals klar, dass niemand perfekt ist – nicht einmal Astronauten. Und so suchten wir immer nach neuen Möglichkeiten, uns vorzubereiten, um auch auf das Unerwartete reagieren zu können", erzählte Margaret fast 50 Jahre später.


Durch diesen menschlichen Fehler während der Apollo 8-Mission änderten sich die Prioritäten. Ihre Vorgesetzten hatten begriffen, dass solche Fehler passieren konnten. Margaret entwickelte daraufhin auch jene Steuerung, die später die Landung auf dem Mond sicherte. Sie und ihr Team gestalteten ein Alarmsystem, welches die Astronauten warnte, wenn der Computer zu viele Aufgaben auf einmal bewältigen musste. Diese Steuerung verhinderte 1969 auch den Abbruch der Apollo 11 Mondlandung. Minuten, bevor die Landefähre die Mondoberfläche erreichte, wurden mehrere Computerwarnungen ausgelöst. Der Computer war von eingehenden Daten komplett überlastet. Der Code, den Margaret für einen derartigen Fall geschrieben hatte, warnte nicht nur, sondern stellte augenblicklich weniger wichtige Arbeiten innerhalb des Computersystems zurück und konzentrierte sich auf das Wesentliche: die Astronauten sicher auf dem Mond landen zu lassen. Hätte es die Steuerung nicht gegeben, dann wäre es vermutlich zu dieser erfolgreichen Mondlandung nicht gekommen.


Was für eine großartige Frau, die 1970 die NASA und das Apollo-Programm verließ. Sie gründete und leitete mehrere Softwareunternehmen. Heute ist ihr Unternehmen Hamilton Technologies nur ein paar Blocks vom MIT entfernt - dort wo ihre Karriere begann. Eine Frau, die heute noch in den sozialen Medien gefeiert wird und auch für uns ein Vorbild ist.


Aufgrund der von ihr geleisteten Arbeit, haben sich die Vorstellungen davon, was die Menschheit tun und erreichen kann, wesentlich geändert. Seitdem stehen uns nicht nur die Welt, sondern auch der Weltraum offen.


R.

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